Landesweit bekannt ist die Redensart „über die Wupper gehen„, oder etwas ist „über die Wupper gegangen„. Nein, über die Wupper gehen hat keinen Bezug zur Müngstener Brücke, auch wenn sich diese über die Wupper spannt – wie etliche andere Brücken übrigens auch! Über die Wupper gehen, radeln und fahren Hunderttausende täglich.
Da aber diese Frage immer wieder auftaucht, wird sie auch hier behandelt. Die genaue Herkunft der Redewendung ist ungeklärt, allerdings gibt es einige mit der Region verbundene Erklärungen. Doch was bedeutet es überhaupt?
Die Bedeutung von: Jemand oder etwas geht über die Wupper
Wenn jemand oder etwas über die Wupper geht ist es schlichtweg kaputt, tot oder unbrauchbar geworden. So kann ein Werkzeug genauso über die Wupper gehen wie der Hersteller von Werkzeug oder der Benutzer beim Verwenden des Werkzeugs. Was einmal über die Wupper gegangen ist, ist unwiederbringlich verloren, verschwunden, zerstört oder eben tot.
Hier setzen die Versuche an, mit der man heute die Redewendung zu erklären versucht.
Ursprung der Redewendung im regionalen Kontext
Die Wupper verläuft läuft relativ zentral durch Wuppertal. Dementsprechend gab und gibt es unterschiedliche städtische Verwaltungsgebäude je entweder auf der einen, oder auf der anderen Seite der Wupper. Mitunter gibt es sogar Gebäude, die über der Wupper gebaut sind oder direkt am Ufer. Wie immer man die Redewendung zu erklären versucht oder dem Volksmund an den Lippen hängt – es dreht sich immer um die Region der heutigen Stadt Wuppertal. Zwei städtischen Gebäuden kommt der Erklärung besondere Bedeutung zu:
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Das Amtsgericht Wuppertal-Elberfeld
Eine heute übliche, leicht verdauliche und nachvollziehbare Erklärung der Redewendung ist, dass man über die Wupper ins Amtsgericht ging um sich insolvent zu melden. Dies wird auch von städtischer Seite, z.B. bei Städteführungen, gerne als Erklärung verwendet. Wer also privat oder geschäftlich Konkurs ging, der ging über die Wupper. Heute befindet sich auf Wuppertal-Eiland, Teil von Wuppertal-Elberfeld, tatsächlich das Amtsgericht Wuppertal, das Landgericht Wuppertal sowie das Arbeitsgericht Wuppertal zusammengefasst im Justizzentrum Wuppertal.
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Über die Wupper in den Tod
Dem Volksmund nach befand sich ehemals in Wuppertal ein Gefängnis mit dem Zellentrakt auf der einen, und dem Todestrakt auf der anderen Seite. Verbunden seien beide Trakte durch eine Brücke. Wer nun über die Wupper ging war also zum Tode verurteilt bzw. das Todesurteil wurde vollstreckt. Da es in Wuppertal-Elberfeld bis in die 90er Jahre tatsächlich ein wuppernahes Gefängnis gab, ist diese Erklärung als Herkunft der Redewendung zumindest möglich, allerdings war die Anordnung etwas anders.
Im Amtsgericht Wuppertal, welches 1852 in Wuppertal-Eiland auf die „Gerichtsinsel“ zog, wurden tatsächlich Todesurteile gesprochen. Diese wurden bis 1912 im Gefängnis in Wuppertal-Bendahl mit dem Fallbeil vollstreckt. Bendahl lag auf der anderen Seite der Wupper, verbunden durch eine Brücke. Es spannte sich also nicht ein Gefängnis über die Wupper: Das ganze Gefängnis, welches etappenweise in den Jahren 1863/64, 1879/71 und 1878/79 errichtet wurde, war durch die Wupper (bzw. genaugenommen einen Wupperarm) vom Gericht getrennt.
Auf der Seite der JVA Vohwinkel, in welche das Gefängnis Bendahl 1980 übergegangen ist, finden sich einige historische Fakten und Bilder. -
Über die Wupper in das Konzentrationslager
In Zeiten des Nationalsozialismus‘ gab es in Wuppertal ein Konzentrationslager in einem Wuppertaler Außenbezirk Kemna, welchem ebenfalls nachgesagt wird auf der „falschen“ Seite der Wupper gestanden zu haben. Wer nun über die Wupper ging kam nach Kemna. Zwar kann man von Zeitzeugen heute durchaus noch hören dass es die Redewendung „Du kommst nach Kemna“ für ungezogene Kinder gab, ein Bezug zur Herkunft der Redewendung über die Wupper gehen lässt sich jedoch kaum herstellen.
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Über die Wupper ins Armenviertel
Wuppertal verläuft im Groben von Nordosten nach Südwesten. Dabei kann man sich Wuppertal wie eine Badewanne vorstellen. Die Nord- und Südhänge sind natürlich bebaut und vom Tal der Wupper getrennt. Die Nordhöhen Wuppertals waren durch die längere Sonneneinstrahlung schon immer beliebtes Rückzugsgebiet für die zahlreichen Fabrikanten. Sie haben dort aufgrund der sonnigeren Lage bevorzugt Grundstücke gekauft, ihre Villen und Parks angelegt haben. Der bekannteste ist sicherlich der der Hardt-Park.
Gerade in den Wintermonaten bekommen die südlichen Tallagen Wuppertals wenig Licht. Wer nun wirtschaftlich in Schwierigkeiten kam und gezwungen war sein Anwesen auf der Nordseite Wuppertals zu veräußern, musste zur günstigeren Südseite übersiedeln. Das Problem dieser Erklärung ist natürlich, dass man bei wirtschaftlichem Aufstieg genauso über die Wupper ging – nur halt von der schattigen Süd- auf die sonnige Nordseite. -
Über die Wupper zur eigenen Beerdigung
Immer wieder hört man auch die Legende über die Wupper geht man, wenn man gestorben ist auch im wahrsten Sinne, da es in Wuppertal einen Friedhof „auf der anderen Seite“ gegeben haben soll. Hier stellt sich auch wieder die Frage welche die richtige, und welche die falsche Seite der Wupper ist, denn gesiedelt wurde seit jeher auf beiden Seiten. So ist auch dieser Legende wenig tatsächlichen Wert beizumessen.
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Fahnenflucht über die Wupper
Eine spannende, da tatsächlich historisch befeuerte Erklärung ist die, dass Fahnenflüchtige im wahrsten Wortsinn über die Wupper gingen. Die Wupper war im Bergischen Land eine natürliche Grenze (und ist es teilweise noch heute!). Vom 12 Jahrhundert an war die Wupper um Wuppertal herum die Grenze zwischen der Grafschaft Mark im Norden, und dem Herzogentum Berg, welchem das Bergische Land seinen Namen verdankt, im Süden. Beide Territorien waren Teil des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation. Im 18. Jahrhundert dann soll es dann der König von Preußen, Friedrich Wilhelm I. gewesen sein, der seine Versallen nach Mark ausschwärmen ließ um junge Männer für den Kriegsdienst zu rekrutieren. Diese sollen dann über die Wupper ins Herzogentum Berg nach Barmen ins Exil geflüchtet sein um dem Kriegsdienst zu umgehen. Um die Legende auf die Spitze zu treiben sollen es dann auch noch genau diese kräftigen jungen Männer gewesen sein, die die II. Industrialisierung im Bergischen Land vorantrieben.In dem Schauspiel „Die Wupper“ von Else Lasker-Schüler, welches 1919 in Berlin uraufgeführt wurde, kommt diese Thematik sowie die Redewendung ebenfalls vor und möglicherweise sorgte dieses Stück für die überregionale Bekanntheit.
Über die Wupper gehen oder über den Jordan – Sprichwort geklaut?
Noch bekannter als die Redewendung über die Wupper zu gehen ist die Redewendung etwas sei über den Jordan gegangen. Dieser Ursprung ist bekannt! Der Jordan ist bekanntermaßen ebenfalls ein Fluss, und beide Redensarten haben den selben Impetus. So ist am wahrscheinlichsten, dass es sich um eine regional eingefärbte Variante der Redensart über den Jordan gehen handelt. Dessen Herkunft kennt man allerdings: Sie stammt aus der christlichen Literatur. Es ist ein Sprachbild für den Eintritt ins Himmelsreich. – Der Jordan trennte die Wüste vom Gelobten Land.
Dass man sich gerne derartig bedient hat der WDR mit seiner empfehlenswerten Dokumentation Film Die Wupper – Amazonas des Bergischen Lands noch einmal unterstrichen (auch als Buchversion erhältlich). Und wer weiß, vielleicht nennt man die Wupper irgendwann ja Amazonas und weiß gar nicht warum?
Punkt 2 der Redewendung „Über die Wupper gehen“ sollte mal aktualisiert werden. Walmart hat sich schon 2006 aus Deutschland zurückgezogen, seine Filialen an die Metro verkauft, die später in Real umbenannt wurden. Aber selbst Real ist ja bereits Geschichte
Die ursprüngliche Bedeutung läßt nur den Gang zum Amtsgericht zu. Man ging über die Wupper zum Eiland,hier befand
sich das Amtsgericht,hier wurden die Insolvenzanträge gestellt.
Alle anderen Deutungen wurden davon abgeleitet. Die Vollzugsanstalt,heute längst abgerissen und bebaut,lag auch nicht
auf dem Eiland,sondern an derBundesallee.
Das alte Elberfelder Sprichwort hat so viele Interpretationen erfahren müssen.
Leider hat die Ursprungsbedeutung darunter gelitten.