Bereits einige Jahre bevor überhaupt mit den Bauarbeiten der Müngstener Brücke begonnen wurde, waren eifrige Verlage bemüht darin Rechte am Vertrieb von Postkarten zu erlangen, die die Müngstener Brücke als Motiv zeigen.
Das erste Ansinnen hatte historischen Unterlagen zufolge Otto Arns (Druckhaus Arns) aus Remscheid, indem er bereits am 27.06.1892 eine Zeichnungskopie der Müngstener Brücke bei der königlichen Eisenbahndirektion anfragte, um diese zu Zwecken der Vervielfältigung und für geschäftliche Werbung zu nutzen. Dem entgegnete die Eisenbahndirektion, die zu der Zeit andere Aufgaben zu lösen hatte natürlich entsprechend kurzatmig.
Dennoch vertrieb mit dem Elberfelder Verlag A. Riemer mindestens ein Verlag bereits Postkarten lange vor der Fertigstellung. In der langen Geschichte der Brücke wurden zuhauf Postkarten von ihr produziert, von denen ein Querschnitt historischer Karten hier einen Platz findet. Sie stammen, sofern nicht anders angegeben, aus der Sammlung von Michael Tettinger, Solingen.
Restauration: Armin Gerhardts
Die frühen Photoshopper: Produzenten von Postkarten
Der Umgang mit historischen Postkarten sollte immer mit Vorsicht genossen werden, selbst wenn es sich augenscheinlich um eine Kopie handelt. So wird seit jeher für eine gute Postkarte das eigentliche Motiv verfälscht, oder sagen wir idealisiert. Es werden Dinge hinzugedichtet oder weggelassen, weil es natürlich im Interesse des Postkartenproduzenten liegt, dass seine Karte auch gekauft wird. Dafür wird die Szenerie dann gerne etwas hübscher, dramatischer oder sensationslüsterner dargestellt, als sie tatsächlich ist oder war.
Wenn die historische Postkarte Legenden bildet
Es gab mal einen Versuch, bei dem man einem Probanden eingeredet hat, er hätte in Kindertagen einen Flug mit dem Heißluftballon gemacht, der in Wirklichkeit aber nie stattfand. Mit einem gefälschten Familien-Fotoalbum sollte der Erinnerung auf die Sprünge geholfen werden und tatsächlich: Er erinnerte sich an immer mehr Details seines nie stattgefundenen Flugs.
Dies kann man immer wieder auch dank Postkarten beobachten. So ist mir seit Kindertagen die Legende bekannt, ein Flugzeug wäre mal unterhalb des Bogens durch die Brücke geflogen. Mitunter wird das noch vermischt mit dem tatsächlichen Angriff eines britischen Jägers auf die Brücke. Tatsächlich fand diese Unterquerung der Brücke aber nie statt. Es ist die Postkarte des Verlag Gebr. Hessmer Solingen, die dafür verantwortlich ist. Sie zeigt diese Szene und es ist ins Bewusstsein derer gerückt, die das Motiv kennen.
Ein weiteres prägnantes Beispiel sind die Springbrunnen in der Remscheider Talsperre. Sie hat es dort nie gegeben, sondern befanden sich im nachgelagerten Schwanenteich, wie der Volksmund sagt. Dennoch war immer wieder zu hören, wie schön es dort früher war mit dem meterhohen Springbrunnen in der Talsperre.