Vorwort: Selbst in der Region daheim, sind mir Weggefährten schon seit Schulzeiten bekannt, die den Suizid an der Brücke wählten. Ich habe lange mit mir gerungen, ob und vor allem wie ich auch auf diese sensible Thematik eingehen soll. Ein längeres Gespräch mit einer direkten Hinterbliebenen ließ mich Mut schöpfen. Nein sie gab mir den Mut, den es für diese Seite brauchte. Letztendlich ist es auch für mich eine prägende Facette zur Brücke und ich habe mich immer wieder künstlerisch damit auseinandergesetzt.
Wenn Du Suizidgedanken hast, scheue Dich nicht mit jemandem darüber zu sprechen.
Die Telefonseelsorge ist rund um die Uhr kostenlos unter 0800 1110111 erreichbar.
Das traurige Dilemma der Müngstener Brücke
Die ersten Berührungspunkte reichen eigentlich in die frühe Kindheit zurück. Es waren die großen Geschwister, die Schulkameraden verloren und mit einem halben Kinderohr bekam man das mit. Man bekam Geschichten aus der Nachkriegszeit mit über Menschen, die nicht mehr konnten. Da war das Thema noch abstrakt, wenig greifbar und außerdem schien die Müngstener Brücke weit weg. Und doch wusste man auch in jungen Jahren schon, was dort passiert. Später, als man selbst ins pubertäre Alter kam, musste man es viel näher miterleben. Dann traf es auch die eigene oder eine Parallelklasse, die einen Mitschüler oder eine Mitschülerin für immer verlor.
Die Müngstener Brücke, das muss man leider sagen, hat aufgrund der zahlreichen Suizide auch einen fragwürdigen Mythos erhalten. Bis in die mittleren 2000er Jahre umwehte der Bereich unterhalb der Brücke zudem ohnehin dieser morbide Charakter eines Lost-Place, der Menschen und ihren Suizid ansog. Bekanntermaßen ist dies leider kein regionales Problem, viel mehr ist die Brücke überregional dafür bekannt und Personen nehmen teils weite Wege auf sich.
Eine optische Änderung hat sich unterhalb der Brücke im Rahmen der Regionale 2006 ergeben. Die ehemalige Rockdisko unterhalb der Brücke, die zynischerweise auch noch den Namen Exit hatte, ist verschwunden. Heute ist der Bereich freundlich, hell und einladend und mehr denn je ein touristischer Anziehungspunkt. Das Problem ist allerdings geblieben.
Hier hat der Umbau zur Regionale überdies auch noch eine weitere Facette hinzugefügt: Der Bereich unterhalb der Brücke wird mehr denn je heute zum Minigolfen, für die Schwebefähre, das Haus Müngsten oder einfach nur zum Entspannen genutzt – und das von ganzen Familien inkl. Kleinkindern.
Denkmalschutz darf keine Ausrede sein
Die Müngstener Brücke hat bis heute keine wirksamen Schutzmechanismen gegen Suizid bzw. Suizidversuche. Neben der Bahntrasse, die ganz oben über die Brücke führt und begehbar ist, kann man sie auch nach der Restaurierung und der damit eigentlich gebotenen Möglichkeit, Schutzmaßnahmen zu ergreifen, weiterhin erklettern. Es existieren auch noch immer keine Fallschutznetze, dessen Existenz bereits Personen vom Suizid abhält, wie man an der Golden Gate Bridge in Amerika nachweisen konnte. Ebenfalls konnte man nachweisen, dass einmal vom Suizid abgehaltene Personen nicht, wie häufig kolportiert, andere Wege für den Freitod suchen bzw. dies nur zu einem geringen Prozentsatz.
Die fehlenden Schutzmaßnahmen werden häufig mit Denkmalschutz begründet und natürlich ist es nicht unbedingt ästhetisch in die Brücke Netze zu hängen. Doch finde ich es fragwürdig den Denkmalschutz über den Schutz von Menschen zu stellen.
Die Tatsache, dass keine Schutzmaßnahmen gegen Suizid existieren, bedeutet allerdings nicht, dass die Müngstener Brücke einen sicheren Tod böte.
Der (eben nicht) sichere Suizid
Schockiert ist der Lokalpresse immer mal wieder zu entnehmen, dass ein Sprung von der Müngstener Brücke anders als gedacht, nicht den sicheren Tod bedeutet. In dem Bereich können starke, auch plötzliche Winde und Böen herrschen. Es kommt vor, dass Menschen sich im Astwerk der Bäume verfangen und mit schweren Verletzungen den Hang herunterrutschen. Ebenfalls kommt es vor, dass sich suizidale Personen in der Konstruktion verfangen, die nach unten hin breiter wird.
Man muss deutlich sagen, dass der Sprung von der Müngstener Brücke keinesfalls den sicheren Tod bedeutet – er kann auch in lebenslanger Pflegebedürftigkeit enden. Eine gute Idee ist der Suizid ohnehin nicht. Weder für einen selbst und auch nicht für die Menschen, die man zurücklässt.
Egal welche Brücke kommt — Hauptsache, sie wird abgesichert!
Wie viele Menschen springen von dieser Brücke pro Jahr in den Tod? Nur die Polizei zählt mit (wenn überhaupt) und dann wird solch ein Ereignis vor der Öffentlichkeit verheimlicht. Begründet wird die Nachrichtensperre mit dem „Werther-Effekt“, wonach durch Berichterstattung angeblich „Nachahmungstäter“ animiert werden.
In Bern hat man fünf Brücken mit Suizid-Problematik gehabt und seit Herbst 2009 sind sie alle mit Netzen abgesichert. Seitdem ist niemand mehr herunter gesprungen und – ganz entgegen der Argumentation angeblicher Fachleute – haben die suizidalen keinen anderen Platz als Ausweichmöglichkeit gewählt! Auch in Bern hatte man mit dem dubiosen „Werther-Effekt“ argumentiert. Aber Schüler begannen, Öffentlichkeit herzustellen, zu demonstrieren, bis endlich die sture Obrigkeit handeln musste.
Ich komme aus Rottweil und wir hatten sogar im Stadtzentrum (Hochbrücke) diese Problematik. Jährlich haben sich zwei bis drei Menschen dort getötet, seit Kriegsende also ca. 120 Menschen! Weil man dies vor den Bürgern verheimlicht hat! Zusammen mit einem aufgeschlossenen Stadtratsmitglied habe ich mich engagiert und seit dem 22. November 2010 ist die Brücke abgesichert – und das trotz einem leerem Stadtsäckel!
Warum ich das schreibe, wo ich doch im fernen Rottweil lebe? Weil mich soeben eine traurige Mutter angeschrieben hat. Ihr Sohn ist von der Müngstener Brücke gesprungen. Sie hat von meinen Aktivitäten gelesen und bat um Tipps, was sie unternehmen könnte, damit die Müngstener Brücke abgesichert wird. Ich schreibe aus Mitgefühl für diese Mutter und weil ich sie damit unterstützen will:
Suizide dürfen nicht länger vor der Öffentlichkeit verschwiegen werden! Das Tabu des „Werther-Effekt“ dient nur der Image-Pflege der Lokalpatrioten und dem Nichtstun der Verantwortlichen. Öffentlichkeit schützt vor Verantwortungslosigkeit der Obrigkeit!
Herzliche Grüße
Clemens M. Hürten, gesSso, Rottweil
Recht hast Du !!!
Vor kurzem hat sich unser lieber Kollege Peter H. (29) von dieser Brücke gestürzt.
Schön dass zu lesen, dass es Möglichkeiten gibt eine Brücke abzusichern.
Um so trauriger dass hier nichts unternommen wird.
Wie viele Menschen hat die Müngstener Brücke schon das Leben gekostet.
Ich erinnere mich an meine Jugendzeit, als das „Exit“ hier noch stand.
Auch damals hörte man regelmäßig von Menschen denen die Brücke das Leben nahm.
Da wird einem schon komisch bei der letzten News dieser Seite „Müngstener Brücke gerettet“.
GERADE BEIM DURCHSUCHEN DER LINKS LESE ICH:
vom 09.06.12
„Nach den Sommerferien 2012, erklärte Michael Käufer am Rande, plane man zusätzlich ein erstes Arbeitsgespräch mit Experten zu Maßnahmen wie den Einsatz von Netzen oder Gittern gegen Sprünge in den Tod von der Müngstener Brücke.“ !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
http://www.solinger-tageblatt.de/Home/Solingen/Chance-fuer-Dampf–und-Gueterzuege-85008fd7-e69a-476e-9c78-aa28dc38fabb-ds
Warum habt Ihr Euch soviel Zeit gelassen 🙁
Ich hoffe Ihr beeilt Euch.
Vielleicht war Peter das letzte Opfer der Brücke…
Herzlichen Dank an alle Die sich dafür einsetzen!
Mein Sohn hat sich auch vor 18 Jahren dort das Leben genommen.
Die meisten Menschen hören erst dann hin, wenn die betroffene Person sich dafür entschieden hat. Vorher nur taube Ohren und null Interesse für die betroffene Person.
Hallo !
Ich wohne nicht sehr weit von der „Mintarder Brücke“, die Essen via Autobahn (A52) mit Mühlheim verbindet. Über die gibt es einen Spiegel-Artikel bzgl. Suizid. Sehr empfehlenswert in diesem Zusammenhang !
Mit freundlichen Grüßen
S.Hammerschmidt
Unerträglich was dort geschieht.
Ich bin voller Wut über die Jahrzehnte lange Ignoranz der Verantwortlichen und unendlich traurig über die armen Menschen die dort in den Tod springen.
Der Autor hat es bereits gesagt, die Menschen fallen in die Stahlkonstruktion und ihre Körper werden dort zerrissen bevor sie auf den Gehweg oder die Liegewiesen auf schlagen.
Das geschieht unter den Augen von Familien mit kleinen Kindern. Sie erleiden Schocks oder Traumata, das gleiche passiert zum Teil sicher auch Helfern oder Polizisten.
Im Grunde besteht durch das fehlen von Netzen für Besucher des Brückenparks, neben der psychischen auch eine große physische Gefahr.
Guten Morgen, das Thema ist auch diesen vielen Jahren immer noch und wider- nach dem gestrigen Zwischenfall- aktuell. Warum in aller Welt kann diese Brücke nicht gesichert werden? Denkmalschutz ist keine ausreichende Begründung. Wer ist politisch verantwortlich? VG Petra Weyrauch
Ich habe selbstverständlich Mitleid mit den Menschen die sich das Leben nehmen und den Angehörigen.
Für mich ist jedoch nicht verständlich, warum diese oder irgendeine Brücke dafür verantwortlich ist, dass Menschen sterben. Das Problem liegt doch am jenigen selbst, der sich in den Tod stürzt oder auf anderem Wege den Suizid findet.
Ihrer Meinung nach müssten dann auch alle Bahngleise nicht mehr von Zügen befahrbar sein, Autobahnen, Hochhäuser, da sich dort irgendjemand das Leben nehmen möchte. Man könnte sich auch an einer Bushaltestelle einfach vor dem Bus werfen. Hat dann der Omnibus Schuld? Der Fahrer?
Oder der Rasierklingen Hersteller, weil sich damit jemand die Pulsader schneidet?
Schuld sind allein die Menschen, die es machen. Es ist ihre freie Entscheidung, auch wenn eine sehr schlechte. Schuld sind vielleicht die Menschen die eine Person dazu bringen Selbstmordgedanken zu entwickeln oder eben nur eine psychische Krankheit. Dann sind es eher die Menschen Schuld, die sich um solche suizidgefährdeten nicht kümmern.
Hat nichts mit Empathielos zu tun und auch bin ich kein gefühlskalter Mensch!
Mein größten Beileid. Aber Schuld kann man Gegenständen, Bauwerken oder Geräten nicht geben, so lange es keine Waffen sind.
Es fehlt an einem Plan für einem humanem Suizid Möglichkeit seitens des Gesetzgebers